Konzeption

Unsere Jugendhilfeeinrichtung verfügt über 12 stationäre Plätze. Entsprechend den Anforderungen der Kinder- und Jugendhilfe (siehe z.B. §§ 8a, 22 Abs.2, 28, 36 Abs. 2,5, 45 Abs.2 SGB VIII) ist eine flache Organisationsstruktur hier Grundlage. Entscheidungen sollen im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte getroffen werden. Voraussetzung ist, dass die Fachkräfte für ihre Hilfen verantwortlich sind. Sie geben sich selbst und gegenseitig Rechenschaft über die Folgen eigener Handlungen im Hilfeprozess ab. Der Schwerpunkt liegt dabei auf einer in hohem Maße kooperativen Führung der Kommunikations- und Entscheidungsprozesse durch die jeweiligen Fachkräfte. Mögliche Prozessgewinne sowie Prozessverluste werden darüber, in der Zusammenarbeit, deutlich. Letztlich entsteht eine Kooperation der beteiligten professionellen Fachkräfte, unter Einbeziehung der Jugendlichen, in der Planung des Hilfeprozesses.

Mit Rücksicht auf die individuelle Vorgeschichte, individuellen Herkunftsverhältnisse und das jeweilige soziale Umfeld, zielen die Hilfen auf die zunehmende Verselbständigung und die Entwicklung zu einer eigenverantwortlichen Persönlichkeit der Jugendlichen und jungen Menschen ab. Durch unsere Förderung und Begleitung sollen die Heranwachsenden, wie ebenso auch deren Familien entlastet werden, um so neue Entwicklungen zu ermöglichen bzw. Möglichkeiten zu eröffnen.

Unser Handeln zielt auf die persönliche Entwicklung der Jugendlichen, in welcher Wünsche formuliert, Interessen sowie Pläne entwickelt und Stärken erkannt werden können.

Die Jugendlichen sind laufend am Hilfeprozess, sowie an der Erarbeitung und Überprüfung der Ziele beteiligt, damit diese sich mit ihrer persönlichen Entwicklung so auch identifizieren können. Wir erarbeiten mit den Jugendlichen persönliche Perspektiven und bestärken sie im Auf- und Ausbau eines günstigen sozialen Netzes. Um eine familiäre und gesellschaftliche Verankerung zu erreichen, greifen wir auf vorhandene Ressourcen (Familie, Freunde, Fähigkeiten) zurück und machen diese, für die Jugendlichen, wieder zugänglich oder helfen diese zu erhalten. Durch regelmäßige Fort- und Weiterbildungen fließen folgende professionelle Handlungsweisen in unsere Tätigkeit ein:

  • Systemische Familienberatung,
  • Personenzentrierte Gesprächsführung,
  • Verhaltenstherapeutische und psychoanalytische Sichtweisen,
  • Sozialrechtliche Kenntnisse.

Kollegiale Beratung und Supervision, sowohl Einzel- wie, in besonderen Situationen auch Teamsupervision, können von den Fachkräften wahrgenommen werden. Dies soll zu einer Entlastung der Mitarbeiter, sowie zu deren persönlicher und beruflicher „Reifung“ und „Weiterentwicklung“ beitragen.

Eine Bereitschaftserreichbarkeit der verantwortlichen Fachkraft, über Tag und Nacht, persönlich (bei im Haus mit-/lebenden Fach-/Bezugskräften und telefonisch, wird über ein sog. Bereitschaftshandy, sichergestellt.

Die Entscheidung, ob ein(e) Jugendliche/Jugendlicher aufgenommen werden kann, wird über mehrere Gespräche und Treffen der am Aufnahmeverfahren beteiligten Personen getroffen. In der Regel sind dies der/die Jugendliche, die zuständige Fachkraft des Jugendamtes, Personen- und Sorgeberechtigte, sowie die verantwortliche Fachkraft unserer Einrichtung.

Informationsgespräch:

Das Jugendamt, der/die Jugendliche und oder eine beteiligte Bezugsperson können telefonisch oder schriftlich im zentralen Büro der Einrichtung Informationen einholen, sowie freie Plätzen anfragen.

Bei vorhandenen freien Plätzen, sowie dann festgestelltem gegenseitigen Interesse an dem Hilfsangebot, wird ein erstes Gespräch bzw. Informationsgespräch vereinbart.

Im Informationsgespräch stellen sich alle Beteiligten gegenseitig vor; die für die Hilfe verantwortliche Fachkraft informiert über Rahmenstruktur und Umsetzungsmöglichkeiten des Hilfsangebotes der Einrichtung. Anfallende Fragen können gegenseitig gestellt und beantwortet werden. Besteht fortgesetztes Interesse, wird geklärt, wie viel Zeit die beteiligten Personen benötigen, um Rückmeldung zu geben, inwieweit die Hilfeaufnahme vorstellbar erscheint.

Kennlerngespräch:

Erfolgt die Zusage des Jugendamtes, der/des Jugendlichen und unserer Einrichtung, findet ein zweites Gespräch statt. In diesem können beidseitige Vorstellungen, Wünsche und Erwartungen eingebracht und besprochen, sowie entsprechende Hilfevereinbarungen abgesprochen werden.

Als nächstes stellen sich die/der anfragende Jugendliche und die Bewohner/innen der Wohngemeinschaft gegenseitig vor. Sie lernen sich kennen und können offene Fragen ansprechen. Sollten danach alle Beteiligten die Aufnahme wünschen, können konkrete Einzugsvereinbarungen (Einzugstermin, Umzug, Möbeltransport, Einrichtung und Gestaltung des Zimmers etc.) getroffen und ein Hilfeplangesprächstermin vereinbart werden.

Grundlage der Hilfe wird der vereinbarte Hilfeplan.

Wir gehen davon aus, dass junge Menschen, zur stärkeren Partizipation am gesellschaftlichen Leben, PartnerInnen brauchen; sei es in der Schule, am Ausbildungsplatz, in der Nachbarschaft oder in Vereinen. Um die gewünschte und erforderliche Hilfe zur Persönlichkeitsentwicklung umsetzen zu können, gestalten wir, gemeinsam mit den Jugendlichen, effektive Netzwerke.

Lehrern, Ausbildern und sonstigen Kooperationspartnern stehen wir als Ansprechpartner zur Verfügung. Darüber hinaus vermitteln wir auch therapeutische und fachärztliche Hilfen vor Ort. Durch zahlreiche Kooperationserfahrungen kennen und nutzen wir die differenzierten Möglichkeiten regionaler Hilfsangebote. Unsere Fachkräfte nehmen kontinuierlich an Arbeitskreisen und den Arbeitsgemeinschaften nach § 78 SGB VIII teil, um sich auf fachlicher Ebene auszutauschen, sich über die bestehenden und geplanten Angebote zu informieren und eine Vernetzung zu fördern. Auf dieser Ebene sehen wir es auch als unsere Aufgabe an, Bedarfslagen von jungen Menschen an Kostenträger und politische Entscheidungsträger zu vermitteln.

Eine gelingende Umsetzung dieser Konzeption setzt die Beteiligung der Jugendlichen und deren auserwählter Bezugspersonen voraus. Die Jugendlichen werden von den verantwortlichen und vertretenden MitarbeiterInnen angeregt, ihre Meinung zu vertreten, sowie ihre eigenen Wünsche zu äußern. Das Recht sich zu beschweren, wie auch der entlastende Umgang mit Konflikten, wird mit den Jugendlichen, mit deren familiären und außerfamiliären Bezugspersonen und im Hilfeplangespräch (§ 36 SGB VIII) besprochen.

Die Beteiligten werden so als „natürliche Anlaufstellen“ für Beschwerden sensibilisiert und können von den Jugendlichen so wahrgenommen werden. Wenn Unstimmigkeiten in der Beziehung zwischen einer Fachkraft und der/dem Jugendlichen zu einer Beschwerde führen, können diese von der „Beschwerdeanlaufstelle“ des Jugendlichen am ehesten und frühzeitig wahrgenommen werden. Über die Beteiligung der „Beschwerdeanlaufstellen“ der Jugendlichen, werden Konflikte, wie auch Beschwerden, transparent und deutlich. Die Beschwerden der Jugendlichen werden so frühzeitig auf- und wahrgenommen. Eine Klärung kann hierüber durch die im Rahmen des Hilfeprozesses beteiligten Akteure herbeigeführt werden. Die Fachkräfte haben in teaminterner Beratung und Besprechung, sowie ebenso in der Einzelsupervision, das Angebot, Beschwerden von Jugendlichen zu reflektieren, das eigene professionelle Handeln zu überdenken und eine wertschätzende Haltung gegenüber dem Konflikt zu erarbeiten.

Nach Bekanntwerden einer Krise, schätzt die verantwortliche Fachkraft, in Verbindung mit dem/der Jugendlichen, den akuten Bedarf ab. Je nach Krisensituation werden entsprechende Kriseninterventionen umgesetzt. Hierfür kann die Fachkraft, bei Bedarf, die Teamkollegen, einen externen Konsiliardienst, sowie beteiligte Bezugspersonen miteinbeziehen. Auch nach Bekanntwerden von Selbstverletzungs- oder Suizidabsichten bzw. einer Suizidalität, schätzt - zunächst - die verantwortliche Fachkraft den Handlungsbedarf ab. Bei Eigen- oder Fremdgefährdung werden externe Fachkonsiliardienste zur diagnostischen Abklärung eingeschalten, um dann, bei weitergehendem Bedarf die notwendigen Hilfen zu organisieren. Die verantwortliche Fachkraft informiert hierbei die Einrichtungsleitung über Situation und Handlungsverlauf. Bei Verbleib in unserer Einrichtung muss eine engere Betreuung organisiert bzw. sichergestellt werden können.

In Abstimmung mit der/dem Jugendlichen und dem Jugendamt wird, in der Regel, ein Beendigungszeitpunkt vereinbart, bis zu welchem die/der Jugendliche ihre/seine Verselbständigung umsetzen kann. Ein möglichst flexibles Wohnangebot erweist sich insbesondere in der Phase als notwendig, in welcher die jungen Menschen beginnen, ihre Pläne zur weiteren Lebensgestaltung umzusetzen. Sie können ihre Vorstellungen in der Praxis überprüfen und dabei an uns angebunden bleiben.

 

Die notwendigen Rahmenstrukturen, wie Wohnungssuche, finanzielle Absicherung etc., sowie Anschlussbetreuungsmöglichkeiten werden, jeweils geeignet frühzeitig, geplant und umgesetzt.

Die Hilfe kann auch beendet werden, wenn aus fachlicher Sicht, eine günstige Entwicklung über unser Angebot nicht mehr zu erwarten steht. Der Jugendliche kann die Hilfe ebenfalls ebenso seinerseits jederzeit beenden. Innerhalb von vier Wochen, ab dem Zeitpunkt der Beendigung der Hilfe, wird eine schriftliche Stellungnahme zum Abschluss der Hilfe gegenüber dem zuständigen Jugendamt vorgelegt.

Die Wahrnehmung des Schutzauftrages nach § 8a SGB VIII erfolgt aufgrund der Vereinbarung mit dem örtlichen Jugendamt.

Wir beziehen die Jugendlichen in die Ereignisse und Entscheidungsprozesse des Zusammenlebens mit ein, wenn dadurch eine Gefährdung für die Jugendlichen nicht entstehen kann. Die Jugendlichen werden über ihre Rechte und Möglichkeiten zur Beteiligung informiert und ermuntert diese wahrzunehmen. Die Wahl für unser Hilfsangebot geschieht freiwillig und wird, stets gemeinsam mit den Jugendlichen, entschieden. Bezüglich der Beteiligungsrechte oder der Zusammenarbeit mit dem Jugendamt (z.B. Zuständigkeiten, Hilfealternativen, Möglichkeiten zum Widerspruch) wird transparent umgegangen.

Die Ziele der Hilfeplanung werden gemeinsam festgelegt. So werden gemeinsam mit den Jugendlichen

  • Vereinbarungen in unseren Wohngruppen ausgehandelt,
  • die Räumlichkeiten gestaltet,
  • das Essen unter Berücksichtigung der jeweiligen Wünsche, zubereitet,
  • die Freizeitgestaltung getroffen und umgesetzt, der Umgang mit Familie und Freunden besprochen und vereinbart,
  • die Häufigkeit und Intensität der Hilfe reguliert,
  • das alltägliche Miteinander immer wieder aufs Neue reflektiert und nach Bedarf und Wünschen verändert.

Unter Partizipation verstehen wir nicht, dass das von den Jugendlichen geforderte, grundsätzlich immer ausschlaggebend für zukünftige Handlungen ist. Als indiskutabel und nicht zur Disposition stehend erachten wir es, den jungen Menschen vor allen wichtigen Entscheidungen, im Rahmen der Hilfeerbringung und des Zusammenlebens, anzuhören und nach seiner Meinung sowie seinen Vorschlägen zu befragen. Es wird ihm ebenso verdeutlicht, dass es neben seiner Meinung möglicherweise noch andere gewichtige Meinungen gibt. Dabei nehmen wir die Argumente der Jugendlichen, auf der Suche nach einem Konsens, sehr ernst und berücksichtigen diese angemessen. Nur durch die Beteiligung der Anspruchsberechtigten, kann das Angebot individuell und passgenau auf den Jugendlichen zugeschnitten werden. Partizipation setzt voraus, dass vielfältige Lösungsvorschläge in die Tätigkeit der Sozialarbeiter einfließen.